Project Armonia
Der Verein «Project Armonia» führt ein Restaurant auf der Insel Samos, wo besonders gefährdete geflüchtete Menschen warme Mahlzeiten beziehen können. Gleichzeitig schafft das Projekt so die Möglichkeit zur aktiven Mitarbeit für andere Geflüchtete, die in dem Camp auf Samos festsitzen.
Aybüke, Cyril, Daniel und Leonie
2019
Impressionen
Interview
Was hat euch zu diesem Projekt inspiriert?
Seit Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise im Jahre 2015 sind immer mehr Menschen dazu gezwungen worden, mehrere Jahre ihres Lebens in verschiedenen Auffanglagern unter inhumanen Konditionen zu verbringen. Auch auf der Insel Samos in Griechenland steht eines dieser Flüchtlingslager. Das Camp ist gemacht für 650 Menschen, jedoch leben dort heute mehr als 6000 Flüchtlinge. Für knapp 4000 Flüchtlinge heisst das, dass sie sich rund um das Camp, im sogenannten «Dschungel», verteilen und dort in Zelten campieren. Die restlichen 2000 (was die Kapazität noch immer um das Dreifache übersteigt) werden innerhalb der Zäune des Camps in Containern untergebracht.
Unter diesen Umständen leiden alle immens stark. Insbesondere Schwangere, Neugeborene und Kinder, Menschen mit Beeinträchtigung, Kranke und ältere Menschen kommen bei diesen Lebensbedingungen an ihre Grenzen.
Aktuell werden auf Samos Trinkwasser und Essen von der Regierung bereitgestellt. Jede Person erhält jedoch lediglich 1.5 Liter Wasser pro Tag. Die Wartezeit für eine Mahlzeit beträgt bis zu fünf Stunden. Eine Hürde, die vor allem Menschen mit Beeinträchtigung oder Krankheit stark einschränkt.
Oft gibt es nicht genügend Portionen für alle, so dass viele trotz stundenlangem Anstehen keine Mahlzeit erhalten. Dazu kommt, dass dem zur Verfügung gestellten Essen jegliche Nährstoffe, Vitamine und andere wichtige Inhaltsstoffe fehlen. Babynahrung wird gar keine ausgegeben. Aufgrund des langsamen Asylverfahrens sitzen Menschen unter diesen Bedingungen bis zu zwei Jahre fest. Ohne ausgewogene Ernährung ist diese Bevölkerungsgruppe besonders verletzlich und anfällig für physische und psychische Krankheiten.
Was ist eure genaue Projektidee?
Der Verein «Project Armonia» bietet Kindern, schwangeren sowie stillenden Müttern, Menschen mit Behinderung, körperlich beeinträchtigten und älteren Personen (und ihren ganzen Familien) einen sicheren Ort, an dem sie essen und den unmenschlichen Bedingungen des Lagers entfliehen können. Wir bieten unserer Zielgruppe nebst lebenswichtiger Ernährung auch Würde und Menschlichkeit, die ihnen aufgrund der anhaltenden Krise verweigert werden. Durch das Projekt bringen wir verschiedene Kulturen zusammen und stärken die Zusammengehörigkeit der Gemeinschaft.
Unser Ziel ist es aber nicht nur, Lebensmittel zu verteilen. Wir ermutigen die Bewohner*innen des Camps, sich selbst zu helfen, indem sie sich innovativ an dem Projekt beteiligen. Indem wir den geflüchteten Menschen die Möglichkeit geben, das Projekt mit uns zu führen, können alle Beteiligten wertvolle Fähigkeiten für die Zukunft entwickeln. Unser Ansatz besteht darin, mit – und nicht für – die Menschen aus dem Camp zu arbeiten.
Welche konkreten Aktivitäten beinhaltet das?
Vor Ort in Griechenland kochen wir fünf Tage die Woche nahrhafte und gesunde Mahlzeiten für die Personen, die man unter den Umständen auf Samos als am «stärksten verletzlich» beschreibt. Hierzu haben wir ein Team von ungefähr 30 Flüchtlingen, die selbst im Camp leben und uns im Restaurant unterstützen. Unser Team besteht aus Köch*innen und Helfer*innen aus verschiedensten Nationen.
Ausserdem geben wir für Menschen, die neu auf der Insel angekommen sind, Essenspakete heraus, da diese im ersten Monat keinerlei staatliche Unterstützung erhalten.
Beim Kochen achten wir vor allem darauf, dass wir saisonales und lokal angebautes Gemüse verwenden. Deshalb beziehen wir einen Grossteil unserer verwendeten Gemüse und Früchte von einem lokalen, biologischen Bauern. Sonst versuchen wir vor allem «Deals» mit lokalen Geschäften auszumachen. Einerseits können wir so den lokalen griechischen Lebensmittelhändlern helfen, die selbst unter ökonomisch weniger guten Bedingungen arbeiten. Andererseits versuchen wir so die Grenzen zwischen der Lokalbevölkerung, den Flüchtenden und uns zu öffnen. Gleichzeitig betreiben wird einen kleinen Gemüsegarten in unserem Haus, wo unsere eigenen Tomaten, Salate und Kräuter wachsen, welche wir für das Restaurant als auch für unseren Eigenverbrauch verwerten können.
Neben dem Restaurant auf Samos organisiert das Projekt «Armonia in Zürich» alle 6 Wochen einen Kochabend mit Asylsuchenden in Zürich, sowie Schüler*innen und Lehrer*innen aus der Kantonsschule Büelrain Winterthur. Zudem organisieren wir ein- bis zweimal im Jahr Kleidersammlungen oder führen Zelt- und Schlafsack-Sammelaktionen an Openair-Festivals durch, die dann nach Griechenland oder Frankreich (Calais) geschickt werden.